
Kurzgeschichten sind klasse.
Kurzgeschichten sind kurz.
Kurzgeschichten sind einfach zu schreiben.
Hä?
Kurzgeschichten sind nur kurze Romane.
Wie bitte?
Kurzgeschichten sind langweilig.
Ich glaube, jetzt hackt’s aber!
Kurzgeschichten eignen sich hervorragend zum Üben. Durch sie erlebt man viel rascher ein Erfolgserlebnis durch die Fertigstellung als bei einem Roman. Ich lese gern Kurzgeschichten und schreibe sie auch gern, einfach, um andere Genres oder Stilrichtungen auszuprobieren. Durch sie schärft man auch den Blick für das Wesentliche, denn
In der Kürze liegt die Würze.

Was genau ist eine Kurzgeschichte und was macht sie aus?
- Das 1. und augenscheinlichste ist natürlich die Kürze. Sie muss in einem Lesedurchgang zu lesen sein. Von einer Seite bis hin zu 50 Seiten ist in dieser Gattung alles erlaubt.
- Es gibt nur einen Protagonisten, maximal zwei und wenig bis gar keine Nebencharaktere. Das würde sonst die Geschichte nur unnötig aufblähen und zu viele Nebenstränge aktivieren.
- Es gibt nur ein Ereignis, das im Mittelpunkt steht.
- Ein bestimmter Ort und eine Zeit. Das kann sich ruhig über mehrere Wochen ziehen, sollte aber keine zu großen Zeiträume umfassen und logisch nachvollziehbar sein.
- Eine Stimmung, ist die Geschichte heiter, lustig, romantisch, spannend, gruselig? Das muss von Anfang bis Ende stringent sein und darf nicht mittendrin wechseln. Also, wenn die Geschichte romantisch ist, dann sollte sie nicht plötzlich gruselig werden.
Was heißt das fürs Schreiben?
Streichen geht immer, also beim ersten Entwurf, kann man ruhig mehr schreiben und nachher alles Unnötige rausstreichen oder umformulieren. Die Verwendung von Stilmitteln bietet sich an, um in wenigen Worten viel auszusagen. Vergleiche und Metaphern haben sich bewährt, allerdings besteht hier die Gefahr einer Überladung und abgelutschte Vergleiche bzw. Metaphern verlieren schnell ihren Reiz, falls sie ihn überhaupt entfalten. Schwer verständliche Bildsprache (=rhetorische Figur) bietet das gleiche Problem. Hier sind Vorsicht und Übung gefragt.
In einem der nächsten Beiträge werde ich mich diesen Stilmitteln widmen.
Die Charaktere in der Kurzgeschichte müssen nicht präzise beschrieben werden. Wenige Merkmale genügen, besonders die handlungsrelevanten, alles andere ist unwichtig. Aussehen und Vorgeschichte kommen nur insoweit in die Geschichte, als es nötig sie ist.
Die Handlung bezieht sich auf eine Linie. Die Geschichte startet ohne große Vorbereitung, man wirft den Leser sozusagen mitten hinein. Die Erklärung erfolgt später oder erschließt sich dem Leser zwischen den Zeilen. In der Folge spitzt sich das Geschehen zu und läuft auf den …
Wendepunkt bzw. Höhepunkt der Geschichte zu. Hier passiert das Wesentliche. In wenigen Worten kann man die Figur ins Glück oder Unglück stoßen, sie reifen lassen, gewinnen oder verlieren. Auf jeden Fall passiert hier etwas, das sehr wichtig für den Protagonisten ist.
Der Schluss ist in der klassischen Kurzgeschichte offen oder beinhaltet eine Frage und gibt auf diese Art dem Leser Raum, darüber nachzudenken. Es ist aber so gut wie alles erlaubt.
Kurzgeschichten beinhalten oft Alltagsfragen oder gesellschaftskritische Probleme.
Wie kommt man nun zu diesen?
Wie jeder Autor/jede Autorin weiß, blickt man aufmerksam auf das Geschehen, sei es im Kleinen oder im großen Weltgeschehen.
- Alltagsprobleme
- Umwelt
- Hoffnungen und Ängste einer bestimmten Generation (z. B. Jugendliche oder Alte)
- soziale Missstände
- globale Missstände
- globale Ereignisse
- glückliche oder schreckliche Momente
Tipps für die Überarbeitung einer Kurzgeschichte:
- Streichen geht immer
- Die Anwendung der rhetorischen Figuren genau überprüfen – falsche Anwendung führt oft beim Leser zu Irritationen, wenn es nicht erklärt wird.
- Auf unnötige Ausschweifungen achten und die kürzen oder ganz streichen.
- Gibt es nur einen Handlungsstrang?
- Fehlerkorrekturen (Grammatik und Rechtschreibung)
Kurz zusammengefasst:
- Metaphern und Vergleiche verdichten den Text
- Handlungen beschreiben und weniger Eigenschaften
- Dialekte, Umgangssprache in die wörtliche Rede einbauen
- keine persönlichen Wertungen (das gilt für beinahe alle Texte)
- kurze Sätze
- keine Ausschweifungen
Erzählformen:
Oftmals wird die Ich-Form verwendet, aber es eignen sich auch der personale oder alleswissende Erzähler. Das kann man durchprobieren und sich anschließend für die Form entscheiden, die einem am meisten liegt und zur Geschichte passt.
Wenn man diese Grunddinge beherrscht, dann ist es durchaus auch angemessen, diese Regeln zu brechen.
Viel Spaß mit den Kurzgeschichten!