
Im letzten Teil habe ich mich mit der Verknappung beschäftigt, in diesem Teil vermehre ich die Anzahl der Wörter. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, sich etwas auszukennen, um nicht langweilig, fantasielos oder als stilistisch unsicher zu erscheinen. Sehr schnell gerät man bei der Wortvermehrung in Gefahr, in einen schlechten, oberflächlichen Schreibstil zu verfallen.
Wortvermehrungen können Bedeutungen hervorheben, ein Geschehen eindringlicher machen, eine Situation bedrohlicher. Dabei muss nicht zwingend ein Wort wiederholt werden, genauso gehen Wörter mit verschiedener Bedeutung.
Ich stelle euch folgende Stilmittel vor, die alle gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.
- Akkumulation
- Redundanz
- Geminatio
- Pleonasmus
- Tautologie
- Hendiadyoin
Akkumulation
Bei diesem Stilmittel häufen sich mehrere Wörter, die einen Bezug zu einem, oft nicht näher benannten, Oberbegriff bilden. Dadurch entsteht eine starke Bildhaftigkeit in der Sprache. Wenn der Oberbegriff nicht aus der Häufig hervorgeht, können manche Wörter überflüssig erscheinen und die gewünschte Bildhaftigkeit kommt nicht zustande.
Akkumulation findet man in allen möglichen Textsorten. Besonders häufig fand sie in der barocken Lyrik Anwendung. Aber auch in Liedern, Firmenreden, der Werbung und Bewerbungen findet man sie häufig.

Beispiele:
- „Führungskräfte, Mitarbeiter, Auszubildende und Praktikanten, sie alle tragen …“ – hier zeigt die Häufung die Wichtigkeit aller Menschen, die für ein Unternehmen arbeiten.
- „Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Städte und Felder“ (Paul Gerhardt)
- “Ist was, das nicht durch Krieg, Schwert, Flamm und Spieß zerstört?” (Andreas Gryphius)
- „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“ (Kinderlied)
- „Quadratisch, praktisch, gut“ (aus der Werbung)
- „Ich bringe Motivation, Begeisterungsfähigkeit und Zuverlässigkeit mit.“ (aus einer Bewerbung)
- „Sie blickte über Dächer, Bäume, Straßen, Menschen.“ (eigenes Beispiel)
Redundanz
redundant bedeutet überreichlich, überzählig, überflüssig. Hier wird eine unnötige Ergänzung einer Information getätigt. Richtig angewendet kann sie zu einer Verstärkung der Aussage führen.
Beispiele:
- „Sie tobte und schäumte vor Wut.“
- „Wie ich bereits schon gesagt habe.“
- „Die Ermittler werden umgehend und sofort an die Arbeit gehen.“
- „Die Wiese grünte und blühte.“
Manchmal entstehen Redundanzen aufgrund einer fehlenden Kenntnis von Wörtern, besonders Fremdwörter, siehe auch Pleonasmus.
- „Sein optisches Erscheinungsbild war einfach atemberaubend.“ – optisch ist hier sprachlich unnötig, weil bereits das Erscheinungsbild vorgibt, dass er zu sehen ist. Besser ist hier: „Sein Erscheinungsbild …“ oder „seine optische Erscheinung …“
- „Die neue Führung hat einige innovative Neuerungen in ihr Programm aufgenommen.“
- „Regine reagierte angemessen und adäquat auf Leons Vorschlag, die Rolle der bösen Ermittlerin zu übernehmen. Ein feines Lächeln zierte ihre schwungvollen Lippen, als sie sich im Verhörraum auf den Stuhl setzte und den Verdächtigen anschaute. Ihre eloquente Wortgewandtheit verschaffte ihr hier einen klaren Vorteil.“
Geminatio
Geminatio ist eine Figur der Wortwiederholung. Das Gesagte wird durch eine Verdopplung eines Wortes oder einer Wortgruppe verstärkt.
Wie viele Stilmittel, wird auch dieses häufig in der Werbung eingesetzt.
- „Du meine Güte, du meine Güte! Warum hast du das bloß getan?“
- „Stopp! Stopp! Haltet den Dieb!“
- „O Gott! O Gott! Wie konnte das passieren?
Hier haben wir neben der Verdoppelung noch einen Ausruf als Stilmittel.
- „Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im Fußballtor …“
- „Frau Mayer, Frau Mayer, ich bin zutiefst enttäuscht von Ihnen!“
- „Ich soll mit Ihnen zusammenarbeiten? Hören sie, niemals, niemals werde ich das! Darauf können Sie Gift nehmen!“
- „Leise, leise. Niemand soll uns hören.“
Pleonasmus

Diese Figur liegt vor, wenn in einer Wortgruppe, einem Satz, ein bestimmter Inhalt mehrfach und auf unterschiedliche Art zum Ausdruck gebracht wird. Er kann genauso gut als Stilfehler gewertet werden. Diese Stilfehler kommen dann zum Ausdruck, wenn Fremdwörter nicht ganz richtig eingesetzt werden. Als Stilmittel wird auch hier die Aussage verschärft.
Beispiele:
- dringender Notfall
- vorprogrammieren
- weißer Schimmel
- schwarzer Rappe
Es gibt allerdings auch feststehende Pleonasmen im Deutschen:
- aufoktroyieren
- Düsenjet
- Pulsschlag
- La-Ola-Welle
- klammheimlich
- Rückantwort
- auseinanderklaffen
- vorprogrammieren
- persönliche Anwesenheit
- jüdische Synagoge
- stillschweigend
- schlussendlich
- Gratis-Geschenk
- auseinanderdividieren
- Chiffrenummer
- Zukunftsprognose
Davon gibt es noch einige mehr, die ich allerdings nicht mehr aufzähle. Diese zusammengesetzten Wörter bzw. Wortgruppen haben eines gemeinsam: sie bilden sich aus Wörtern mit gleicher Bedeutung.
Redundante Akronyme finden oft Verwendung (= Abkürzungen mit einer Wortverdoppelung, die nicht abgekürzt wird)
- ISBN-Nummer – ISBN = Internationale Standardbuchnummer bzw. engl. International Standard Book Number
- PDF-Format – PDF = Portable Document Format
- HIV-Virus = Humanes Immundefizit Virus
Stilistisch auffällig sind folgende Wortgruppen bzw. zusammengesetzte Wörter:
- tote Leiche
- zusammenaddieren
- Mitbeteiligung
- offizielle Amtssprache
- Einzelindividuum
Tautologie
Dieses Stilmittel beschreibt einen Umstand, der mit einem anderen Ausdruck wiederholt wird oder, dass der gleiche Sachverhalt mit gleichen Wörtern der gleichen Wortart wiederholt wird.
Die Tautologie ist demzufolge eine Doppelaussage. Eine Abgrenzung zu Pleonasmus und Hendiadyoin ist schwer.
Beispiele:
- Ich werde dir nie und nimmer verzeihen!
- Ihr wurde angst und bange.
- Es war einzig und allein sein Problem, das er zu lösen hatte.
Hendiadyoin
Dieses Stilmittel lässt durch die Verbindung zweier Wörter einen neuen Begriff entstehen. Ohne eines der Wörter funktioniert die Wortgruppe nicht mehr und verliert ihren Sinn. Das Hendiadyoin kann aber auch das Attribut eines Wortes ersetzen oder ein zusammengesetztes Substantiv aufbrechen.
Beispiele:
- Er war Feuer und Flamme für die neue Kollegin.
- Sag es ruhig frank und frei heraus, ich werde dir bestimmt nicht den Kopf abreißen.
- Ist das jetzt klar? – Klipp und klar, Boss!
Und dann gibt es noch Sonderformen:
- In Eisen und Rüstung ritten sie dem Feind entgegen.
- Ihre Wangen und ihre Röte ließen mein Herz schneller schlagen.
Hendiatris: Aus drei Wörtern wird ein neuer Begriff gebildet. „Friede, Freude, Eierkuchen“ (oberflächlich ist alles gut) oder auch „Wein, Weib und Gesang“ (beschreibt einen Lebensstil) oder „jung, dumm und gefräßig“ (beschreibt junge Menschen, die ihre Freiheit grenzenlos ausleben)
Hendiatetris: Aus vier Wörtern wird ein komplexerer Begriff gebildet. Beispiele gibt es im Deutschen wenige, wobei „frisch, fromm, fröhlich, frei“ (unbefangen) als solches gelten kann.
Nun sagt es frank und frei, ob euch der Beitrag gefallen hat und ihr ihn hilfreich fandet.
Da ich weder Germanistin noch Lehrerin bin, kann dieser Beitrag Spuren von Ungenauigkeit enthalten.
Noch kurz zum Schluss:
Man muss nicht wissen, wie diese Stilmittel heißen. Zu wissen, dass es gewisse Dinge gibt, um einen Text eindringlicher zu gestalten, hilft oftmals schon weiter, um der Leserlangeweile vorzubeugen und bildhafte Beschreibungen einzufügen. Charaktere bekommen durch bestimmte Stilmittel mehr „Farbe“, zum Beispiel durch die wörtliche Rede, indem man sie entweder eloquent oder unsicher ihre Sätze von sich geben lässt. Dabei hilft es, sich ein wenig mit der Redekunst auszukennen. Aber es gilt wie überall sonst auch: die Dosis macht das Gift.
In diesem Sinne: Viel Freude bei der Wortvermehrung 😊

Ein Gedanke zu „Rhetorische Stilmittel 3“