Weil es bei mir gerade wieder einmal aktuell ist, schneide ich dieses Thema an. Dazu gibt es auch ein YouTube Video, das ich euch noch verlinken werde.
Wieviel Recherche braucht ein Roman?
Das hängt in erster Linie vom Genre und dem eigenen Vorwissen ab. Schreibt man jetzt eine Romance, die in der heutigen Zeit spielt, muss man vielleicht gar nichts oder nur sehr wenig recherchieren. Doch sobald hier einige Besonderheiten innerhalb der Geschichte (Berufe, Gegenden oder persönliche Dinge, wie Einschränkungen, Herkunftsländer, etc.) dazukommen, wird es wieder wichtig, nachzufragen.

Ich möchte euch etwas über historische Recherche erzählen, denn da muss man schon etwas tiefer graben und je weiter man in der Geschichte zurückgeht, desto schwieriger wird es, Informationen zu bekommen.
Zu verschiedenen Themen gibt es Fachliteratur, die kann man nutzen. Nur muss man da bereits halbwegs genau wissen, wonach man sucht.
Ein Anruf bei (Landes-, Staats-)Archiven kann sich immer lohnen, im schlechtesten Fall bekommen man eine Literaturliste. Aber auch hier sollte man schon in etwa wissen, was genau man braucht, damit sich die Mitarbeiter in den Archiven leichter tun.
Kontakte zu Pfarrämter, Klöstern, Stiftsbibliotheken bzw. Archiven sind ebenso lohnenswert. Auch hier werden oft relevante Daten aufbewahrt.
Nicht zu vergessen, das Internet. Wikipedia bietet zahlreiche Daten und hier kann man erste Hinweise finden. Diverse Suchmaschinen spucken auch relevante Daten aus und sogar auf YouTube finden sich hilfreiche Videos.
Eine gute Quelle sind auch Historiker und Alltagshistoriker. Universitäten und Museen können da bestimmt mit Fachpersonal aushelfen.
Zeitungsarchive bieten auch Material, sofern es noch vorhanden ist.
Sofern es geht, bieten Originalschauplätze immer wieder gute Ansatzpunkte für eine gewisse Recherche, wenn man im Hinterkopf behält, dass jede Straße vor etlichen Jahren anders ausgesehen hat. Es reicht schon, wenn man zehn Jahre zurückgeht, um eine Veränderung zu bemerken.

Museumsbesuche lohnen sich auch fast immer. Doch auch hier sollte man aufpassen, wenn man z. B. Rüstzeug anschaut, dass das dann auch aus der Zeit stammt und nicht später zu Repräsentationszwecken vom jeweiligen Herrscher in Auftrag gegeben worden ist. Gerade im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert war es Mode, sich als Ritter zu präsentieren. Das beste Beispiel bietet hier Kaiser Maximilian I, der letzte Ritter, wie er sich selbst nannte.
Bei allen im Internet gefundenen Daten, Bildern und Videos lohnt es sich, das Ergebnis noch einmal zu prüfen, denn nicht alles, was so in den Weiten des Webs herumschwirrt, ist auch richtig.
Sich allein auf Wikipedia zu verlassen, halte ich bei historischen Romanen für zu wenig.
Für jeden historischen Roman ist es wichtig, etwas über das Alltagsleben in der Zeit herauszufinden. Bei berühmten Persönlichkeiten ist es einfacher, allerdings wird man in der dichterischen Freiheit etwas eingeschränkt, schließlich sollte man sich an die Überlieferungen halten, damit die Person dann als realistisch wahrgenommen wird. Hier wird es schwieriger je weiter man in der Zeit zurückgeht.
Wichtige Fragen, die man sich vor Beginn stellen sollte:
- Wann genau ist die Handlung angesiedelt?
- Wer war Herrscher und hatte wo seinen Sitz? (Das ist auch bei kleinen Regionen wichtig, weil die meistens die Lehen vergeben haben)
- Wer hat die Lehen vergeben (weltlicher Adliger oder höherer Klerus, wie ein Stift)?
- Wie war das Landleben bzw. das Stadtleben organisiert?
- Wie sah es mit der Schulbildung aus?
- Wie war die Ernährungssituation? (Mangel durch Dürreperioden bzw. durch Kriege)
- Welche Kleidung trugen die Leute? Auch hier wieder Unterschiede Stadt und Land.
- Wie war die Stellung der Frau? (Achtung, die war im Hoch- und Spätmittelalter besser als in der Neuzeit!)
- Wie war die Hygiene, die medizinische Versorgung im Allgemeinen?
- Wie waren die höflichen Anreden?
- Wie kam man von A nach B? Straßennetze und Transportmittel.
Das ist nur ein kurzer Anriss der Fragen, über die man sich bei historischen Romanen Gedanken machen sollte. Selbst dann, wenn man über die 1980er Jahre schreibt, was ja noch gar nicht so lange her ist. Selbst ich, die ich in dieser Zeit aufgewachsen bin, müsste einiges nachlesen.
Recherche ist wichtig, um ein realistisches Bild einer gewissen Zeit darstellen zu können. Es muss kein historisches Sachbuch werden, aber ein wenig Ahnung sollte man von den Dingen haben, über die man schreibt.
Nun wünsche ich euch noch viel Spaß beim Recherchieren und beim Schreiben.
Und natürlich auch mit dem Video.