
Hier habe ich eine weitere Kurzgeschichte, dieses Mal eine Satire und ich hoffe, es fühlt sich niemand angestoßen davon, der Charakter in der Geschichte ist einfach ein … na, ihr werdet es selbst lesen.
Es gibt allerdings noch eine Erklärung für diese Geschichte. Jedes Jahr im Advent, werden die Haushalte mit Spendenbriefen zu gemailt, dass es beinahe schon an Spam grenzt. Den Rest des Jahres ist von den wenigsten Organisationen/manchmal sind es auch Privatpersonen, etwas zu hören. Da können doch schon mal so ein paar Zweifel über die Wahrhaftigkeit dieser Organisationen/Personen aufkommen, oder nicht?
Bildet euch selbst eine Meinung.
Charity – Wir sind so gut
[Erklärung zu den Umständen: Jetzt ist es wieder so weit und die Zeit des Wohlgefallens, der Wohltuerei und des Anbiederns nähert sich und es sind keine Wahlen … nein, es weihnachtet. Überall tönt es aus den Lautsprechern … „Merry X-Mas“ … nur Narren versuchen sich diesem Unsinn zu entziehen und dem Wohltätigkeitswahn ein Schnippchen zu schlagen.]
Hallo Nachbar, na wie geht’s uns denn so? Haben wir schon die neuen Räder am Fahrzeug ausprobiert? Funktionieren sie gut? Na toll, da hat unsere Spende vom Vorjahr doch was gebracht. Ja, wissen Sie, wir spenden gerne. Wir sind gute Menschen, wir helfen einander. Ja, mehr noch, wir sorgen füreinander. Wir sind gute Menschen. Natürlich sind wir das. Ich kann das nur bekräftigen. Wir sind so gut, dass wir uns bereits Gutmenschen nennen können, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes gut.
Ich gehöre dazu, bin ein Spender … aber nur, Sie wissen schon, zu dieser ganz bestimmten Zeit, wenn ich daran erinnert werde. Es gehört sich doch, etwas für die Randgruppen zu tun, die Benachteiligten, ja genau, Sie sind gemeint. Sie sind doch benachteiligt? Was? Sie gehören keiner dieser Gruppierungen an? Aber Sie …?
Ich wende mich lieber von meinem Gegenüber ab, das wird jetzt stressig. Es wäre vielleicht ganz klug, wenn ich erst wieder im Büro einen Teil meines Gehirns einschalte, wenn überhaupt. Das war entnervend. Aber das Vis-a-vis ist hartnäckig und bringt mich dazu, weiterzureden.
Gestern haben sie doch im ORF gesagt, alle Personen aus bestimmten Randgruppen brauchen unsere Hilfe und sie haben fürstlich aufgezählt, dass mich beinahe schon der Neid gefressen hätte, ehrlich. Aber so bin ich nun mal, ich bin nicht neidisch und hab dort angerufen. Sogar mit einem Promi hab ich geredet, der hat dann prompt meine Kontonummer und die Summe aufgeschrieben, die sie mir dann vom Konto abziehen. Na ja, ich wollte nicht kleinlich sein und hab die Hälfte des Weihnachtsgeldes hergegeben. Der war vielleicht baff, ich hab’s im Fernsehen beobachtet, ja, der hat schier den Kopf geschüttelt über meine Großzügigkeit. Es stimmt, ich bin ein guter Mensch, ehrlich.
Nächsten Freitag ist wieder so eine Charity-Veranstaltung. Bei uns ums Eck, beim Porschehändler trifft sich der Kiwanis-Club und dann darf zugunsten der notleidenden Kinder gesoffen werden. Na, das hat doch was. Das hat Substanz, ist erdig und bringt die Menschen näher zueinander und mich vielleicht sogar auf die vollbusige Nachbarin. Ja, ich bin ein guter Mensch.
Ups, die Vollbusige Blonde ist dem Rollifahrer seine Frau, na ist ja egal, er kann sie eh nicht mehr bespringen.
In einer Woche dann, am Mariä Himmelfahrtstag, da steigt dann die nächste Party. Bei uns in der Straße nämlich. Wir veranstalten ja auch immer etwas zugunsten, Sie wissen eh schon. Aber was wir uns ausgedacht haben, das will ich eigentlich noch nicht verraten.
Wissen Sie, weil Sie so ein guter Zuhörer sind, warum sollte ich es Ihnen nicht verraten. Wir machen ein Pantomimenkrippenspiel, ja mit taubstummen Schauspielern und Rollstuhl fahrenden Kindern, das ist doch echt, nicht wahr? Da nehmen wir sicher sehr viel Spenden ein, die wir dann steuerlich absetzen können und einen Teil davon werden wir sicher auch an eine caritative Einrichtung übergeben, aber zuerst muss unser Verein zur Erhaltung der ländlichen Idylle gefördert werden.
Wissen Sie, ich muss gleich weiter, Sie brauchen nicht auf die Uhr zu blicken, wissen Sie, ich und meine Freunde sind gute Menschen, ehrliche, wir haben es nicht auf die Spenden der dum … äh, der hilfsbereiten Nachbarn abgesehen, abgesehen von den Nachbarn in Not, von denen sowieso immer jemand in Not zu geraten scheint. Tschuldigung, jetzt habe ich den Faden verloren. Also, was ich sagen wollte, spenden auch Sie, denn nach Weihnachten ist es zu spät, da sieht es keiner mehr, außer Sie posten es auf Instagram und verwenden die richtigen Hashtags.
Spenden macht Sinn, wenn man Sie dabei sieht … also, machen Sie sich das zur Maxime und proben Sie den Weihnachtsmann, aber ohne Kostüm.
Charity, Wohltätigkeit … ja, das ergibt Sinn und erst die ganzen Lichterketten und die viele kitschige Dekoration. Gott im Himmel wird uns für das viele Licht danken, denn so kann er uns beim Helfen besser beobachten.
Vielleicht sollte ich jetzt doch gehen, bevor ich hier noch Wurzeln schlage und ich die vollbusige Sekretärin vom Chef verpasse, wie sie sich um die Morgenpost kümmert. Warum zum Kuckuck grinst dieser Rollstuhlspasti so dämlich? Arrogantes Arschloch. Von mir kriegt der keine Spende mehr.
Einen wunderschönen 2. Adventsonntag.
Helfen ist schon gut, wer helfen kann, der sollte es auch machen. In diesem Sinne wünsche ich allen noch eine schöne Adventzeit und besinnliche Weihnachten.
