Eine Hommage an meinen Großvater

Warum schreibe ich? Das ist eine Frage, die ich oft gestellt bekomme. Meistens antworte ich dann ganz einfach, weil ich Geschichten mag, ich gern schreibe, gern unterhalte. Das alles stimmt. Aber es ist eben nur das Ende der Geschichte, die mein Bedürfnis zu erzählen bildet.
Alles fing an mit Opa. Mein Großvater war ein großartiger Geschichtenerzähler. Er konnte einem das Blaue vom Himmel heruntererzählen und man hat an seinen Lippen gehangen, als ginge es ums Leben. Nicht nur ich war von seiner Kunst beeindruckt. Er hat fürchterliche Sagen vom Teufel erzählt und alle mit einem wunderbar humorvollen Ende, denn der Teufel ist eigentlich harmlos und leicht zu überlisten – zumindest, wenn man aus dem Mostviertel oder dem Mühlviertel kommt.
Er hatte das Talent, mit einem Satz, die gesamte Szenerie zu beschreiben und das auf eine einfache Art und Weise. Fremdwörter kannte er nicht und hat sie deshalb auch nicht benutzt. Für seine Verhältnisse war er ein weitgereister Mann, der auch eine Zeitlang in München gelebt hat, bevor er ins Mostviertel gekommen ist. Er war Schmied – und ein großer Geschichtenerzähler.
Dann ist er viel zu früh gestorben. Ich glaube, der Lebenswille ging mit dem Tod meiner Oma, seiner Frau verloren. Er war dann nicht mehr so lustig oder hat nur so getan.
Und ich bekam mein erstes eigenes Buch! Zu Weihnachten. Das beste Geschenk ever, denn ich war gerade in der 1. Klasse Volksschule und habe lesen gelernt. Mein erstes Buch und sobald ich schreiben konnte, kamen meine ersten eigenen Geschichten. Abenteuergeschichten waren es, wirklich sehr abenteuerlich, aber auch dafür hatte ich schon in meinem Kinderlexikon nachgelesen. Leider waren die Kritiken der Erwachsenen nicht sehr angetan, mich weiter zu ermuntern. Meine Tanten taten es ab und kritisierten nur da und dort die Fehler, wobei ich selten Rechtschreibfehler gemacht habe, oder die Geschichte an sich als Kinderei, ich solle lieber für die Schule lernen. Blabla. Was das Lernen angeht, waren meine Eltern der gleichen Meinung, aber sie ließen mich schreiben, nur tat ich es dann für mich und es bekam niemand mehr zu lesen.

In der Hauptschule dann hängte ich mich in die Literaturgeschichte, wir hatten eine Deutschlehrerin, die das noch in ihrem Programm hatte, und las das ganze Zeug, das sonst niemanden interessiert hat. Ich las Don Quixote, Parzival, Der Schimmelreiter, alles von Agatha Christie (ja, das ewige Fangirl), Unterm Rad, Jugendbücher, die ich von meinen Eltern bekommen habe, natürlich auch (obwohl es überhaupt nicht zum Zeitgeister passt, mag ich Der Trotzkopf immer noch, ich finde es eine charmante Zeitstudie, leicht zu lesen und unterhaltsam), Faust, der Tragödie 1. Teil, und noch viele mehr. Einige der Bücher habe ich noch, als Reclam, das konnte ich mir leisten. Die meisten Bücher habe ich aber in der öffentlichen Bücherei ausgeliehen.
Ihr seht schon, die Klassiker haben es mir angetan, das geht bis heute. Das war in der Hauptschule und später kamen dann noch die Werke von Alfons Petzold dazu (Gedichte, ich liebe Gedichte), George Orwell, auch im Original und jede Menge anderes, das ich aus der Bibliothek geholt und mehr oder weniger inhaliert habe. Und ich entdeckte die Fantasy – ich verschlang Der Herr der Ringe, als es bei uns am Land völlig unmodern war.
Da fing ich an Gedichte zu schreiben – gereimt und ungereimt, auf Deutsch und Englisch, je nachdem, wie es mir gerade in den Kram passte. Die Lehrer fanden meine Gedichte super und ich schriebe seitenweise Hefte voll – typisches Teenagergeschreibsel. Leider habe ich davon nichts mehr.
Danach gings in die Berufswelt und ich hatte kaum noch Zeit zum Schreiben, dafür zum Lesen. Und dann schrieb ich meinen ersten Roman, mit der Schreibmaschine, 1992 oder so um den Dreh herum. Ich schickte ihn an einen Verlag und bekam auch eine Antwort – gut geschrieben, der Stil gefällt, leider veröffentlichen sie keine Science-Fiction, sondern nur Gegenwartsliteratur.
Dann hatte ich wirklich keine Zeit mehr, bis nach dem Hausbau und der Geburt meines Kindes. Ich fing mit Gedichten an und lernte es auch, absolvierte einen Fernkurs und wurde immer besser, stilistisch sicherer, bis ich meinen eigenen Stil gefunden hatte. Daneben kamen immer mehr Geschichten hervor. Kurzgeschichten zu kleinen Themen, Übungstexte eigentlich. Einen davon könnt ihr auf Wattpad lesen „Der Hof in der Senke“.
Meine Liebe zum Erzählen war wieder da und ich merkte, dass es vereinzelt Menschen gibt, denen gefällt, was ich zu erzählen habe.
Das große Geld werde ich mit meinen Themen und Genres nie machen, aber das ist meistens nicht so wichtig. Natürlich möchte ich zumindest meine Kosten wieder hereinbekommen, aber auch das liegt in weiter Ferne, weil die Recherche ebenfalls viel Geld frisst.
Ich erzähle, weil ich es will, weil ich es kann, weil ich es gut kann, weil ich von Opa dieses Talent geerbt habe, mit wenig Worten viel zu sagen. Und ich will Opas Andenken damit ein klein wenig lebendig erhalten.